Wenn Händler erfolgreich sein wollen, müssen die Marketingverantwortlichen die Verbraucher dort abholen, wo sie sich befinden. Sätze wie … der Online-Handel nimmt in Deutschland mehr und mehr Fahrt auf … E-Commerce ist der wichtigste Umsatztreiber … haben uns in den vergangenen Jahren permanent begleitet. Dann allerdings die ernüchternde Meldung der aktuellen Studie „E-Commerce-Markt Deutschland 2014“ des EHI und Statista: das Tempo der Umsatzsteigerungen im E-Commerce hat deutlich abgenommen.

Die Top 100 E-Commerce-Händler in Deutschland erwirtschafteten in 2013 einen Umsatz von 19,6 Mrd. Euro und damit eine Steigerung von knapp 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (18,2 Mrd). Bereinigt man allerdings den Umsatz um den von amazon.de, beträgt das Wachstum nur noch 2,8 Prozent. E-Commerce allein hat an Durchschlagskraft verloren, das sieht auch der Handel und reagiert entsprechend: „Wer will, der kriegt. Im Markt. Im Netz. Jederzeit.“ Unter diesem Motto startete Ende letzten Jahres die medienübergreifende Multichannel-Kampagne des Media Markt, in deren Fokus der Roll-out von Multichannel-Technologie und -Diensten in allen 260 Märkten steht. Auch eine Verbraucherstudie des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland zeigt, dass immer mehr Händler auf Mehrkanalstrategien setzen. Für das 3. Quartal 2014 weist sie ein Wachstum von 2 Prozent aus. Treiber ist dabei der Multichannel-Handel, der den Abstand zu den Online-Marktplätzen verkürzt.

Natürlich spielen Online-Shops nach wie vor eine wichtige Rolle im Kaufprozess, vor allem bei den digital-affinen Kunden von heute. Das zeigte auch die Studie „Cross-Channel Management 2014 in DACH“ des Forschungszentrums für Handelsmanagement der Universität St. Gallen (IRM-HSG), die von hybris software unterstützt wurde. Laut den Ergebnissen hat der Online Kontaktpunkt (63 Prozent der Befragten) sogar an Relevanz gegenüber dem Ladengeschäft (62 Prozent) gewonnen. Dennoch liegt der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum nicht mehr allein im „E“ von E-Commerce und im rein digitalen Marketing.

Ein Grund dafür liegt im sich weiterentwickelnden Einkaufsverhalten der Kunden. Sie denken bei Recherche und Kauf nicht in Vertriebskanälen. Sie kennen und nutzen alle Kanäle übergreifend und entscheiden selbst, an welchem Touchpoint der Einkaufsprozess beginnt und an welchem er endet. Und sie erwarten in jedem Kanal ein einheitliches und service-orientiertes Einkaufserlebnis. Marc Mathieu, Head of Global Marketing bei Unilever, forderte auf der letztjährigen Global Marketer Conference: „Wir müssen aufhören, über digitales Marketing nachzudenken, und anfangen, uns Gedanken über Marketing in einer digitalen Welt zu machen.“ Es ist Zeit, die isolierten Silos in unserem Denken und unseren Operationsmodellen abzureißen. Marketing- und Vertriebsexperten müssen in der Lage sein, vertriebskanalübergreifend zu arbeiten und Strategien zu entwickeln und zu implementieren, die im Web, in mobilen Apps und sozialen Netzwerken genauso funktionieren wie im traditionellen Laden.

Wenn Händler erfolgreich sein wollen, müssen die Marketingverantwortlichen die Verbraucher dort abholen, wo sie sich befinden, und sie zur Nutzung von Einkaufskanälen nach ihrem Belieben ermutigen. Moderne Technologie kann in vielen unterschiedlichen Situationen die Kauferlebnisse verbessern, z.B. NFC Tags für Funkkommunikation und Gesture Browsing-Funktionalitäten („Wischen”) im Schaufenster nach Ladenschluss. Dadurch verschwimmen die Grenzen zwischen Ladenkauf und E-Commerce – der souveräne Kunde hat die Wahl zwischen Online-Kauf oder Rückkehr zum Laden während der Öffnungszeiten.

Eine Geschäftsumstellung dieses Ausmaßes erledigt sich allerdings nicht im Handumdrehen und erfordert eine Menge Überlegungen auf zahlreichen Ebenen. Unternehmen, in denen E-Commerce und digitales Marketing in isolierten Silos stattfinden, müssen jetzt eine Diskussion über neue Wege der Zusammenarbeit zwischen Management, IT, E-Commerce und dem Vertrieb anstoßen.

Keine Insellösungen, sondern grundlegender Wandel

Wer sich als Unternehmen wirklich auf den Handel der Zukunft einlassen will, schafft das nicht mit Insellösungen – nachhaltiges Wachstum wird nicht allein durch das „E“ im Commerce oder einem Fokus auf digitales Marketing geschaffen. Eine einheitliche Kundeninteraktions-Plattform und die Auflösung bisheriger Silos werden entscheidend sein. Der Wandel auf dem Weg dorthin ist grundlegend und definiert die Schnittstellen im Markt und die Organisation der Unternehmen neu. Hierfür ist es notwendig, nicht nur die richtige Technologie auszuwählen, sondern auch Partner, die einen solchen Wandel nachhaltig unterstützen können.